stille Rücklagen

stille Rücklagen
stille Reserven.
I. Charakterisierung:1. Begriff: Nicht aus der Bilanz ersichtliche Teile des Eigenkapitals einer Unternehmung. Sie entstehen durch Unterbewertung von Aktiva und/oder Nichtaktivierung aktivierungsfähiger Vermögensgegenstände und/oder Verzicht auf mögliche Zuschreibungen und/oder Überbewertung von Passiva.
- 2. Möglichkeiten der Bildung von st.R.: (1) zwangsläufige Bildung (z.B. durch Preisschwankungen, Geldwertveränderungen die aufgrund der gesetzlichen Vorschriften nicht berücksichtigt werden dürfen;) (2) durch Ausnutzung von Ermessensspielräumen; (3) aufgrund von Schätzfehlern, z.B. bei Abschreibungen oder Rückstellungen; (4) aufgrund willkürlicher Bildung.
- 3. Folge der Bildung st. R. ist, dass der Gewinn bzw. das Eigenkapital geringer erscheinen als es der Wirklichkeit am Bilanzstichtag entspricht.
- 4. Auflösung von st.R.: Erfolgt durch den betrieblichen Prozess im Zeitablauf, durch Gewinnrealisation oder Übergang zu normaler Bewertung; mitunter werden durch die bewusste Auflösung Verluste gedeckt und nicht ausgewiesen.
- 5. Beurteilung: Bildung und spätere Auflösung der st.R. ständig in der Diskussion, da Möglichkeit der Gewinnverschiebung und -beeinflussung (bes. hinsichtlich der  Dividendenpolitik) und damit Rückwirkung auf Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung. Der ausgewiesene Gewinn als Kennzahl wird problematisch, denn für den Aktionär und jeden Außenstehenden ist nicht zu ersehen, ob Gewinn in dieser Höhe effektiv erzielt wurde oder als manipulierte Größe durch Bildung bzw. Auflösung st.R. erzielt ist. Übermäßige Dotierung der st.R. ist Verstoß gegen das Prinzip der  Bilanzwahrheit und  Bilanzklarheit, während „normale st.R.“ der kaufmännischen Vorsicht (sog. Bilanzvorsicht) und dem im Handelsrecht verankerten Gläubigerschutz entsprechen.
- Vorteile: Ausgleichsmöglichkeit bei wirtschaftlichen Schwankungen; Aufbringung von Kapital mittels  Selbstfinanzierung; Steuerstundungseffekt, ggf. Steuerersparnis infolge  Steuerprogression.
II. Bilanzierung:1. Zwangsrücklagen: Entstehen durch handelsrechtliche Aktivierungsverbote (z.B. Aktivierungsverbot für nicht entgeltlich erworbene, immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens), ferner durch handelsrechtliche Bewertungsgebote (z.B. das Verbot, in der Handelsbilanz die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich planmäßiger Abschreibungen zu überschreiten, auch wenn der  Tageswert höher ist; im Einzelnen  Bewertung).
- 2. Ermessensrücklagen: Entstehen durch Ausnutzung der im HGB im Hinblick auf das  Vorsichtsprinzip eingeräumten Bilanzierungs- und Bewertungsspielräume (z.B. keine Aktivierung bei Aktivierungswahlrecht; Bewertung von Vermögensgegenständen an der Bewertungsuntergrenze).
- 3. Willkürrücklagen: Entstehen durch absichtliches Überschreiten der im HGB eingeräumten Ermessensspielräume (z.B. die willkürliche Überbewertung von  Rückstellungen; die Nichtaktivierung aktivierungspflichtiger Vermögensgegenstände; die Passivierung fiktiver Schulden).
- 4. Schätzungsrücklagen: Sie sind eine Folge unvollkommener Voraussicht bei der Berücksichtigung zukünftiger Einflüsse auf die Wertansätze (z.B. die irrtümlich zu kurz geschätzte Nutzungsdauer bei der Bemessung von  Abschreibungen; die irrtümliche Unterbewertung  zweifelhafter Forderungen).

Lexikon der Economics. 2013.

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  • Stille Reserven — oder stille Rücklagen ist im Rechnungswesen die Bezeichnung für nicht aus der Bilanz ersichtliche Bestandteile des Eigenkapitals von Unternehmen, die sowohl durch eine Unterbewertung von Vermögen als auch durch eine Überbewertung von Schulden… …   Deutsch Wikipedia

  • Rücklagen — bei Kapitalgesellschaften Reserven in der Form von ⇡ Eigenkapital, das nicht als ⇡ gezeichnetes Kapital, ⇡ Gewinnvortrag oder ⇡ Jahresüberschuss ausgewiesen und entweder auf gesonderten Rücklagenkonten bilanziert (offene Rücklagen) oder nicht in… …   Lexikon der Economics

  • stille Reserve — 1. Rechnungswesen: ⇡ Stille Rücklagen. 2. Beschäftigungs /Konjunkturpolitik: Teil des ⇡ Erwerbspersonenpotenzials; zur st.R. gehören v.a.: (1) Personen, die beschäftigungslos sind und Arbeit suchen, ohne bei den Agenturen für Arbeit… …   Lexikon der Economics

  • Stille Lasten — Als Stille Reserve wird im Rechnungswesen eines Unternehmens die aus der Unternehmensbilanz nicht erkennbare Differenz zwischen dem Buchwert und einem über dem Buchwert liegenden Marktwert einzelner Bilanzpositionen bezeichnet. Stille Reserven… …   Deutsch Wikipedia

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  • Reserven — ⇡ Rücklagen, ⇡ stille Rücklagen, ⇡ Mindestreserven …   Lexikon der Economics

  • Rücklage — Rückstellung; Rückhalt; Speicher; Repositorium; Lager; Reserve; Reservoir; Vorrat * * * Rụ̈ck|la|ge 〈f. 19〉 für den Notfall zurückgelegtes Geld, Ersparnisse * * * Rụ̈ck|la|ge, die …   Universal-Lexikon

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